Seamus Heaney (1939 – 2013):
„When all the others were away at Mass“ / „Wenn alle anderen zur Messe waren“

 

Seamus Heaney stammte aus dem County Londonderry, Nordirland.  Nach William Butler Yeats, George Bernard Shaw und Samuel Beckett wurde ihm 1995 als viertem irischen Dichter der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde.

Heaney wuchs als ältestes von neun Kindern in einer katholischen Bauernfamilie in Nordirland auf. Als Jugendlicher erhielt er mehrere Stipendien, die es ihm ermöglichten, eine gute Schulausbildung zu erlangen und anschließend an der Queen’s University in Belfast zu studieren. Danach hatte er Professuren an seiner Ausbildungsuni und in Berkeley (Californien).

In seinen Werken setzte er sich intensiv mit seinem Heimatland auseinander in dem er die irische Geschichte aufgriff oder sich mit Sagen und Mythen auseinandersetzte.

 

Seamus Heany  (1939 – 2013)

(Foto: wikipedia)

 

 

„When all the other were away at Mass“ wurde 2015 zu Irlands beliebtestem Gedicht des vergangenen Jahrhunderts gekürt. Die Öffentlichkeit konnte aus einer Shortlist von 10 Poems wählen.

Das Poem ist das dritte von acht Sonetten aus dem Zyklus „Clearances“, einer Reihe, die Seamus Heaney seiner Mutter Margaret Kathleen McCann widmete.

Da erinnert sich der Ich-Autor im einleitenden Oktett an eine andere Szene, in der seine Mutter und er in voller Einigkeit zusammenflossen, zwei Seelen, ein Sein (her breath in mine). Und diese Erinnerung bringt dem Autor unendlichen Trost (cold comfort, pleasant). Gleichzeitig weint er trockene Tränen (weeping off).

Der Autor führt uns im gesamten Sonett die Parallelität von kalter Alltagsroutine und menschlicher Nähe und Innerlichkeit vor Augen. Dabei verschmilzt er den kalt-heiß Gegensatz in seinen Worten und Bildern: cold comfort, gleaming in clean water, solder weeping, hammer and tongs – dying. Wieviel Trost findet doch der Mensch in der Banalität alltäglicher Gemeinschaft (silence – her breath in mine – peeling potatoes)!

 

Ein ausgesprochen tröstliches Gedicht, das den Tod der Mutter durch die Erinnerung beseelt. Sie – die Mutter –  bleibt untrennbarer Teil seines Alltags.

(Danke an Wolfgang Paetow für die Unterstützung bei der Übersetzung und seine interpretatorischen Gedanken)

 

When all the others were away at Mass

[from Clearances in memoriam M.K.H., 1911-1984] 3


Seamus Heaney


When all the others were away at Mass

I was all hers as we peeled potatoes.
They broke the silence, let fall one by one
Like solder weeping off the soldering iron:
Cold comforts set between us, things to share
Gleaming in a bucket of clean water.
And again let fall. Little pleasant splashes
From each other’s work would bring us to our senses.

So while the parish priest at her bedside
Went hammer and tongs at the prayers for the dying
And some were responding and some crying
I remembered her head bent towards my head,
Her breath in mine, our fluent dipping knives –
Never closer the whole rest of our lives.

 

 

Das Foto zeigt eines der renovierten Häuser aus dem 18. Jahrhunderts bei Ballinskelligs (Co Kerry), das im Rahmen des Künstlerprojektes Cill Rialaig, Künstlern zur Verfügung gestellt wird.